Beobachtungen aus der Sicht von Dieter Topp als Mitglied der internationalen Festival-Jury, als Europa- Kulturbeobachter und als Journalist 

Anfang Februar lang dreht sich im Iran und speziell in Teheran alles um "Fadjr", den Augenblick, wenn die Sonne am Horizont aufgeht und alles in einem neuen, anderen Licht erscheinen lässt. Gemeint ist die 10tägige Interimszeit zwischen dem persischen Schah und dem Ajatolla vom 1. bis 11. Februar 1979, der jährlich in religiösen Veranstaltungen und Festivals gedacht wird. 2012 feiern das Fadjr Theaterfestival, das Film- und Musikfestival ihren 30. Geburtstag. 

Aus diesem Grund hatte das Management zu einem Megaevent aus Straßentheater, iranischem und internationalem Showcase aufgerufen. An letzterem nahmen Gruppen aus Frankreich, Türkei, Japan, Schweiz und Italien teil, die Engländer hatten auf Grund der politischen Ereignisse in jüngster Vergangenheit kein Visum erhalten. Das aus Deutschland angereiste Maskentheater "Familie Flöz" wurde von der Botschaft der Bundesrepublik beworben und bereits im Vorlauf auf der Internetseite angekündigt. Aus Berlin brachte Wolfgang Hoffmann fabrik potsdam, Dublin Fringe Festival Director, Circle of Eleven „LEO“ mit Tobias Wegner, den „Trick mit der Schwerelosigkeit“, den ihn Jean Cocteau in seinen Filmen der 50er Jahre gelehrt hatte. Nonverbales Theater und Kommunikation sind allgemeingültig und so gehörten die beiden deutschen Theaterproduktionen zu den meist bejubelten des ganzen Festivals. 


Was bewegt ein westliches Land, in den Iran zu gehen, sich auf der Bühne dem Publikum zu stellen und doch zuvor von der Religionskontrolle über die Machbarkeit der Aufführung im Rahmen der im Iran geltenden Religionsgesetze zensieren zu lassen? Dies einigermaßen zu verstehen und einem westlichen Leser verständlich zu machen, muss man - so glaube ich - selber anreisen und versuchen, sich vor Ort ein Bild vom Geschehen und den Festivals machen, um nicht unter den gegebenen politischen Umständen strikt die Teilnahme am Fadjr zu boykottieren und abzusagen, wie es in den vergangenen Jahren mehr und mehr Filmregisseure getan haben. Nun ist das Filmgeschäft international sehr stark verwoben und daher gelten andere Spielregeln. Also muss man sich dem Theaterfestival zuwenden, das mehr und tiefer in die Strukturen iranischen Politik-, Religions- und Sozialgeschehen eingebunden ist.
 

Zahlreiche ausländische Festivalbeobachter und Festivalprofis 
Visa- und Einreiseformalitäten waren trotz zahlreicher gegenteiliger Erfahrungen Anderer rasch erledigt. Russland hatte sich im letzten Jahr als erheblich schwieriger herausgestellt. Meine Sorge galt eher meinem Aufenthalt im Iran und der direkten Kontaktmöglichkeit zu Theaterbesuchern, Schauspielern und Regisseuren in Teheran; ob eine Vitae, die bei Facebook offen die Arbeit beim KulturForum Europa mit uneingeschränktem journalistischen Engagement in Sachen Soziales und darunter im Besonderen sexueller Minderheiten beinhaltet wohl in das islamische Zensur-Bild passt?

Wie Stefanie Carp von den Wiener Festwochen schauen sich viel andere, besonders europäische Festivalvertreter, sich auf dem diesjährigen, dritten iranischen Theatermarkt um, entdecken Produktion, die sich rasch auf internationalen Bühnen wiederfinden. Hier erst erfuhr ich von der intensiven Verbindung iranischer Bühnen nach Deutschland. Auch Karin Lekberg, engagiert in der sozialen Unterschicht der schwedischen Vorstadt Stockholms und verwoben mit „Clowns ohne Grenzen“ ist dieses Jahr zum ersten Mal in Teheran, genau wie ihre Kollegin Nidal El-Ashkar, Chefin eines Kultur-und Kunstcenters in Beirut, Libanon. Es kamen Regisseur und Filmer Dr. Robert Quitta aus Wien, Österreich, Sando Lunin, künstlerischer Leiter des „Zürcher Theater Spektakel“, Schweiz, Gisberto Morselli vom Teatro di Ferrera, Italien wie auch Eva Cairns, Produzentin und Managerin des Catalyst Theatre aus Edmonton, Kanada, und Silviu Scrobe für das Int. Sibiu Theaterfestival, Rumänien, um nur einige geographische Anknüpfungspunkte zu nennen.
 

Neil van der Linden aus Amsterdam ging allen voran. Er berät seit vielen Jahren die Niederlande in Sachen Kulturaustausch mit Nord-Afrika, dem Mittleren Osten, Zentralasien und dem Westen, schaut sich nicht nur in Teheran um. Für ihn ist, besonders unter dem Aspekt einer starken Rechtstendenz in seinem Heimatland, das Wissen um die Kultur nicht nur die Tagespolitik in diesen Ländern ein "Muss".
 

Im iranischen Theater trügt der erste Anschein, nichts ist, was es zu sein scheint.
Über mein schon einige Jahre andauerndes Engagement im jungen europäischen Mitgliedsland Rumänien in Sachen Festival und dem Besuch des Int. Theaterfestivals der Kulturhauptstadt Europa 2007, Sibiu, Hermannstadt, wurde ich auf iranisches Theater und seine Bestrebungen über die Landesgrenzen hinaus aufmerksam. Dem folgte eine Einladung zum diesjährigen Jubiläumsfestival nach Teheran, zuerst als Journalist und kurzfristig im weiteren als Mitglied in die Jury zum internationalen Wettbewerbssektor zusammen mit dem Autor Ken Cameron aus Kanada, dem Festivaldirektor und Regisseur Dominic Campbell aus Irland, der überaus populären Film- und Bühnenschauspielerin Golab Adineh und Daeed Keshanfallah Leiter der Universität der Künste und zahlreicher anderer Organisationen mit Professur für Theater aus dem Iran. Zusammen galt es über 20 nationale und die internationalen Beiträge anzuschauen und für neun Preis-Kategorien zu bewerten.

Zahlreiche ausländische Festivalbeobachter und Festivalprofis 
Visa- und Einreiseformalitäten waren trotz zahlreicher gegenteiliger Erfahrungen Anderer rasch erledigt. Russland hatte sich im letzten Jahr als erheblich schwieriger herausgestellt. Meine Sorge galt eher meinem Aufenthalt im Iran und der direkten Kontaktmöglichkeit zu Theaterbesuchern, Schauspielern und Regisseuren in Teheran; ob eine Vitae, die bei Facebook offen die Arbeit beim KulturForum Europa mit uneingeschränktem journalistischen Engagement in Sachen Soziales und darunter im Besonderen sexueller Minderheiten beinhaltet wohl in das islamische Zensur-Bild passt?

Wie Stefanie Carp von den Wiener Festwochen schauen sich viel andere, besonders europäische Festivalvertreter, sich auf dem diesjährigen, dritten iranischen Theatermarkt um, entdecken Produktion, die sich rasch auf internationalen Bühnen wiederfinden. Hier erst erfuhr ich von der intensiven Verbindung iranischer Bühnen nach Deutschland. Auch Karin Lekberg, engagiert in der sozialen Unterschicht der schwedischen Vorstadt Stockholms und verwoben mit „Clowns ohne Grenzen“ ist dieses Jahr zum ersten Mal in Teheran, genau wie ihre Kollegin Nidal El-Ashkar, Chefin eines Kultur-und Kunstcenters in Beirut, Libanon. Es kamen Regisseur und Filmer Dr. Robert Quitta aus Wien, Österreich, Sando Lunin, künstlerischer Leiter des „Zürcher Theater Spektakel“, Schweiz, Gisberto Morselli vom Teatro di Ferrera, Italien wie auch Eva Cairns, Produzentin und Managerin des Catalyst Theatre aus Edmonton, Kanada, und Silviu Scrobe für das Int. Sibiu Theaterfestival, Rumänien, um nur einige geographische Anknüpfungspunkte zu nennen. 

Neil van der Linden aus Amsterdam ging allen voran. Er berät seit vielen Jahren die Niederlande in Sachen Kulturaustausch mit Nord-Afrika, dem Mittleren Osten, Zentralasien und dem Westen, schaut sich nicht nur in Teheran um. Für ihn ist, besonders unter dem Aspekt einer starken Rechtstendenz in seinem Heimatland, das Wissen um die Kultur nicht nur die Tagespolitik in diesen Ländern ein "Muss". 

Iranische Festival-Beiträge erklären sich nach dem Prinzip einer Zwiebel. 
Was im Rahmen des Wettbewerbs in der internationalen Kategorie anzuschauen und zu bewerten war, galt vor allem den Beiträgen aus dem Iran. So abstrus anmutende Stücke wie "Schneewittchen und die 7 Zwerge - nach Walt Disney 1937" Nasir Malekijoo , "Die Mumie" Ayoub Aghakhani, und "Dracula" Jalal Tehrani machten klar, in welch unterschiedlichen Denkschemata wir verhaftet sind. Zwischen demselben Stück und demselben Text lagen die unendliche Weiten der Auffassung, dem Verständnis und der Umsetzung, wenn nur der Wille da war, tiefer zu schauen, den Sinn hinter dem Sinn zu sehen. 

Den Auftakt zu "Schneewittchen" z.B. macht ein Marsch der Zwerge, oder besser gesagt, die Bewegung kleiner Leute, darunter auch Frauen, denen schwarze Halbröcke in schwarzes Overall-Outfit konstruiert wurden und unter ihrem schwarzen Hut ist ganz dezent ein schwarzes Kopftuch um die Haare gebunden. Alles im Sinne der Zensur, der sich jedes Stück, gleich ob national oder international, kurz vor der Aufführung stellen muss. Hier wird sich zur Musik "bewegt", Tanzen ist verboten. So steht deshalb zeitgenössisches Tanz-Theater ganz hoch im Kurs. Die Kleinen recken und strecken sich, aber sie erreichen niemals die Welt der Großen, der Reichen, der Mächtigen. Aus einer überdimensionalen Hand erhalten sie kleinste Geldscheine als Lohn. Sie tun alles, um dieser Welt zu entkommen. In ihren kleinen Hütten, grad so groß, dass ihr Kopf darin Platz hat, müssen sie sich zum Schlafen legen. Harte Arbeit, karger Lohn, karges Bett. Schneewittchen, ein überdimensionales, weißes, nacktes Frauenbein eine Unmöglichkeit im islamischen Denkschema, wird zum Symbol der Knechtschaft, die von außerhalb in Versuchung führen will, so die offizielle iranische Lesart, wenn da nicht manch ein Besucher andere Sehnsüchte spüren will.
 

Schon Wochen vor Festivalbeginn sind alle Vorstellungen restlos ausverkauft. 
Manchmal hat man Glück und kann kurz vor Beginn der Vorstellung ein Kosten freies Sitzkissen für den Bühnenrand oder einen Stehplatz hoch oben in den Rängen bekommen, wenn der Andrang allzu übermächtig geworden ist. Unzählige Veranstaltungen in 10 Tagen, viele zeitgleich oder in Überschneidung. Doch die Millionenstadt füllt ihre Spielstätten, nicht nur der Iran liefert ständig Nachschub. Der Hunger nach kulturellem Erleben scheint schier unersättlich. Aus dem Ausland, besonders aus Kanada, zieht es jedes Jahr emigrierte Schreiber und Theatermacher nach Teheran zurück. Iranischen Boden zu betreten heißt, automatisch wieder iranischer Bürger zu sein, egal welchen Pass man innehat. Und mehr als nur ein bisschen spielt das Gefühl nationaler Identität dabei eine Rolle. 

Die Theaterbesucher setzen sich aus der Mittel- und Oberschicht zusammen, während die Arbeiter sich eher den „reinen“ und religiösen Seiten des Lebens zuwenden. Beim letzten Freitagsgebet vor dem Revolutionsfeiertag, an dem der Ajatolla predigte, musste die Megacity Teheran weiträumig abgesperrt werden, die Boulevards quollen über von Tausenden verharrend praktizierenden Gläubigen, die wie in Nasir Malekijoos Stück fast ausschließlich in Schwarz die Frauen oder zumindest Grau die Männer gekleidet waren. 


Die "Jeunesse d'Or", die sich stilistisch und farblich in ihrer Kleidung stark unterscheidet, geht zum Filmfestival oder besucht allabendlich eine der zahlreichen Spielstätten des Festivals. Spricht man sie auf abstraktes, zeitgenössisches Theater an, so lehnen es doch viele ab. Es sei zu simpel, man bevorzuge schon mehr die Klassiker. Eine Reaktion, die mir im ehemals diktatorisch regierten Osteuropa, Rumänien und Bulgarien, aufgefallen ist.
Und wenn es wie beim italienischen Theater "Periodonero" Cosmesi experimentell und bis an die Schmerzgrenze laut zugeht, verlassen -unüberlicherweise- eine Menge Zuschauer den Raum. Bei der französischen Produktion "Melange2Temps" BPzoom werden Slapstick und Comedy mit Begeisterungsstürmen und Encors bedacht. So einfach ist es beim Teheran Theaterfestival. Oder doch nicht?

Die Klassiker stehen hoch im Kurs.

Zumeist handelt es sich um zeitgenössische Adaptionen alter persischer und auch westlicher Meister. "Richard III." von Atila Pesiani nach Shakespeare wird durch die Jury zu einem der großen Gewinner im Wettbewerb gekürt. Das Stück versetzte die Besucher in eine mafiose und mörderische Gothic-Gesellschaft, in der es nur um brutale Korruption und Macht geht. Richard, der Boss, berauscht sich an Blut und Drogen, ein Spiel mit den Lebenden und Toten auf dem Bühne seines Welttheaters, bei dem ihm die Adlaten mordend untertan sind. Am Ende bleiben Richard nur noch die Drogen, da er bereits ein Reich der Toten regiert. Und hinter ihm steht schon ein Neuer und das Spiel kann sich wiederholen. Handwaffen und Bomben kommen erschreckend oft und sehr nah zum Einsatz, über die Szene fliegen lebendige Friedenstauben. Sie werden von der Hand des Despoten gefüttert und machen keinen Sinn mehr. Sie sind nur noch mit Fressen und Kopulieren beschäftigt.

Ebrahim Posht Koohi bearbeitete Dantes Inferno. In tödlichem Realismus wird gequält, gemordet: frei nach Brecht, erst kommt das Fressen im Überfluss, aber keine Moral.

Das Publikum wird mit einbezogen und gibt Auskunft über die Lüge. Das Leben scheint die Lüge zu sein. Es folgt der Abstieg in die Hölle. Hier streiten sich die Verdammten um den billigen Fraß. Die Gequälten geben jetzt die Regeln vor. Sie quälen zurück, fallen wie die Höllenhunde übereinander her: Spätestens jetzt verlassen einige Zuschauer den Saal. Auf der Bühne werden alle erschossen. Aber sie dürfen nicht sterben, kein Ende, keine Erlösung in Sicht. Wie man doch auf den unterschiedlichen Denkschemata zeitgenössisch relevantes Theater zu machen versteht.
Man spielt die Russen wie die Amerikaner und die Deutschen, klassische Provenienz und auch moderne Klassiker. Dante neben Wolfgang Borchert, Euripides neben Shakespeare, jeweils in zeitgenössischem Gewand, mal mehr mal weniger provokant, immer unter dem Dach eines islamisch regierten Staates, dessen Zensoren vor jeder Vorstellung das Stück auf Religionstauglichkeit hin überprüfen und strengstens korrigieren.

Wenn manch eine Inszenierung doch von westlicher Seite mit Überraschung quittiert wird, wie dies im eng gesteckten religiösen Umfeld denn möglich sei, so drängt sich zum Einen der Vergleich mit Ostdeutschland auf, der ehemaligen DDR. Aus propagandistischen Gründen heiligte und heiligt wohl immer noch der Zweck die Mittel. Jedes und Alles muss erklärt, also interpretiert werden: neue Möglichkeiten des Theaters tun sich durch diese Kontrollen auf. Kreativität ist lebensnotwendig. Und so schließt sich der Kreis der Suche nach dem Sinn hinter dem Sinn.


An dieser Stelle sei die Jury angeführt, deren Statement eines zum Ausdruck brachten: In dieser Zeit ökonomischer und politischer Krisen ist "Theater sinnvoll und Theater macht Sinn. Das haben die meisten der Veranstaltungen bewiesen. Theater schärft den Verstand, die unterschiedlichsten Ansätze herauszufinden, das Mittelmaß vom besseren zu trennen. Kunstwerke auf der Bühnen mit breit gefächertem Tenor, der sich nach und nach aus einem ersten flüchtigen in einen weitergehenden Tiefgang entwickelte, gleich einer Zwiebel, die sich Schicht um Schicht aufschälen lässt, bis hin zum Schluss endlich der Punkt hoher Professionalität gepaart mit Intellektualität offensichtlich ist, der dann zeigt, wohin im Iran Theater und Publikum 2012 gemeinsam gehen wollen. Ein Stück aus dem 1942 von Nazi-Deutschland besetzten Paris, in dem ein Ehepaar mit stummer Opposition den Okkupator in den Selbstmord treibt, wird mit Beifall quittiert.


Iranisches Theater ist schon seit langem ein Festivalpartner in der westlichen Welt

Das sollte sich gerade jetzt nicht ändern. Die großen Namen aus Film und Theater verstehen hoffentlich den Appell des Fadjr Festivals, wieder zahlreicher nach Teheran kommen. Iranisches Theater gastiert häufig in Deutschland, wobei die Mühlheim a.d. Ruhr, Bochum und Köln eine gewichtige Rolle spielen. Doch zusehends finden gewichtige deutsche Spielstätten und Regisseure nicht mehr den Weg nach Teheran. Europa, die internationalen Theater und Theaterschaffenden versagen sich. Der Boykott ist jedoch nicht nur einseitig. Das Filmfestival verliert die Teilnahme großer ausländischer Namen auch, weil dies von iranischen lanciert worden ist. Die Antwort auf das „Warum“ bleibt dem Denker zu ergründen. Das Theaterfestival leidet in seiner 30. Ausgabe sehr.

Dass nicht mehr die Metropolen alleine den Ton auf der Bühne angeben, ist eine positive und globale Tendenz. Das Stück „Mein Totentanz“ von Mehran Mahmoud Zadeh Dehbazi bringt die Erd- und Naturverbundenheit aus dem Süden des Iran, wo der Voodoo-Kult noch Präsenz zeigt nach Teheran. „Misty Mansion“ der Truppe Dazzle, kann als ein japanisches Pendant historischer Legenden angesehen werden, dessen perfekte Choreographie und die Ausdrucksstärke der acht männlichen Tänzer das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinreißt. Doch auch hier steckt mehr dahinter. Die Schranken zwischen den Geschlechtern verschwimmen. Dass die Frauenrollen von Tänzern interpretiert werden, ist für die Zensur kein Thema. In „Pari Mädchen“ der Gruppe Neghab, einer Geschichte, die der Travestie nahe kommt, treiben die Regisseure Kheirollah Taghini Pour und Javad Nouri diese anlässlich eines Besuchs von Musikern am königlichen Hof auf die Spitze des Möglichen. Die Besucher können ihrer Begeisterung zu jeder Seite freien Lauf lassen. Es handelt sich schließlich um ein Stück mit Musik nach literarischer Vorlage und streng historisch.


In 2012 zählt Entertainment mit ganz viel Spaß, die Tücke des Objekts zu überlisten, anstatt von irgendjemandem überlistet zu werden. Die Menschen wollen raus aus dem Alltag, fort von den Sorgen und der andauernden Depression. Und in dieser Festivalausgabe hat es mehr geregnet als üblich, vor lauter Regen sah man keine Tränen mehr. Hat heftiger Regen die Tränen weggewaschen?


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